„Stadt der Gnade – Stadt des Rechts“ – Exkursionsseminar nach Rom

Kurz vor Anbruch der Karwoche reiste eine Exkursionsgruppe Sankt Georgener Studierender von 17. bis 22. März 2024 nach Rom. In Verantwortung von Prof. Dr. Thomas Meckel, Institut für theologische Begründung des Kirchenrechts, kirchliche Rechtsgeschichte und Religionsrecht, und Prof. Dr. Andreas Bieringer, Lehrstuhl für Liturgiewissenschaft, Hymnologie und christliche Kunst, konnten 15 Studierende verschiedener Semester Rom in kirchenrechtlicher und liturgiewissenschaftlicher Perspektive erkunden und (neu) kennenlernen.

Nach erfolgreicher Anreise, fand sich am Sonntag, den 17. März, die Exkursionsgruppe zusammen und nach einer Einstiegsrunde wurde der Tag mit einem gemeinsamen Abendessen beschlossen.

Der erste Exkursionstag stand ganz im Zeichen des Kirchenrechts und führte in die ersten Dikasterien (Behörden) der Römischen Kurie. Im Jahr 2022 wurden durch die Kurienreform von Papst Franziskus, die Apostolischen Konstitution “Praedicate Evangelium“, alle Behörden einheitlich in Dikasterien umbenannt. Während unseres Aufenthaltes stellten die Gesprächspartner immer wieder die Neuerungen dieser Kurienreform heraus. Der erste Termin des Tages führte uns in das Dikasterium für die Glaubenslehre. Der Einführung in Tätigkeit und Aufbau des Dikasteriums durch Mons. Dr. Johannes Fürnkranz und der Erläuterung seines Tätigkeitsbereichs im Bereich der Auflösungsverfahren in favorem fidei, schloss sich eine Fragerunde an, in der Mons. Dr. Fürnkranz sich darüber hinaus auch zu Fragen zu den zwei anderen Sektionen des Dikasteriums, der Lehrabteilung sowie der Disziplinarabteilung und hier insbesondere der Bearbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt, äußerte.

Das zweite besuchte Dikasterium für die Kultur und die Bildung war durch den Untersekretär Dr. Matthias Ambros und Dott.ssa Claudia Curcuruto vertreten. Nach einem Einblick in die Geschichte dieser Behörde wurde im Gespräch ein besonderer Schwerpunkt auf den Bildungsauftrag der Kirche gelegt und wie das Dikasterium die Teilkirchen unterstützen kann. Ausgehend von einem weiten Verständnis des Begriffes Kultur und den Arbeitsfeldern des Dikasteriums in diesem Bereich, widmeten sich die Fragen der Studierenden den Themenspektren Schule, Hochschulgründungen bis hin zu globalen Aspekten in der Umsetzung des kirchlichen Bildungsauftrags.

Nach einer Mittagspause, in der wir die ewige Stadt eigenständig erkunden konnten, ging es zur Deutschen Botschaft am Heiligen Stuhl. Während des Empfangs wurden wir durch den Botschafter Dr. Bernhard Kotsch und den Geistlichen Botschaftsrat Mons. Oliver Lahl über die verschiedenen Aufgabenfelder an der Deutschen Botschaft aufgeklärt. In gemeinsamen Gespräch konnten wir Einblicke in die diplomatische Arbeit vor Ort, zu den Interessen der Bundesregierung im Austausch mit dem Hl. Stuhl und zur die Funktion der Botschaft als Beobachter aktueller Debatten gewinnen und dies mit dem Botschafter diskutieren. Die bedeutsame Aufgabe der diplomatischen Vertretungen (Nuntiaturen) als wichtiger Gesprächspartner wurde für die Studierenden deutlich gemacht.

Der nächste Tag widmete sich den kirchen- und liturgiehistorischen Orten. Am Vormittag führte uns Mons. Prof. Dr. Stefan Heid durch den letzten erhaltenen Teil des alten Lateranpalastes. Beginnend mit der Scala Santa und einem Blick in die ehemalige päpstliche Privatkapelle Sancta Sanctorum mit der Salvatorikone erklärte er die urbane Struktur Roms und die Verbindung von kaiserlicher sowie päpstlicher Macht. Anschließend ging es hinüber zur Basilika San Giovanni in Laterano, die auf eine Gründung des Kaisers Konstantins zurückgeht und die Kathedrale des Bistums Roms ist. Dessen berühmtes achteckige Baptisterium wurde zum Abschluss des Vormittags besucht. Durch die Führung wurden uns der Erwachsenentaufritus der frühen Christen und dessen biblische Bezüge sowie die liturgiehistorischen Verknüpfungen von Taufe, Erstkommunion und Firmung nähergebracht und wie sich diese Verbindungen in der Architektur widerspiegelt, in der entsprechende Bildwerke die ikonographische Gestaltung unterstützen.

Nach der Mittagspause führte uns Mons. Prof. Heid durch San Clemente. Neben dem bedeutenden Apsismosaik, erklärte er anhand des Kirchenbaus die Herausbildung der römischen Liturgie und die Aufgaben der verschiedenen Akteure. Abschließend war es möglich in die Unterkirche und das Mithräum von San Clemente hinabzusteigen, wo Mons. Prof. Heid die Ausgrabungen anschaulich erläuterte. In der Silvesterkapelle von Santi Quattro Coronati endete die Führung mit Mons. Prof. Heid, der auf Fragen aus der Runde zu historischen, liturgischen oder architekturhistorischen Themen einging. Auf dem Weg nach Sant´Anselmo besichtigten wir am Aventin noch Santa Sabina, vor welcher uns Prof. Dr. Andreas Bieringer Hinweise für die Begehung mit an die Hand gab und uns nochmals die Stationsliturgie des Papstes in Erinnerung rief sowie die wichtige architektonische Gestaltung von Santa Sabina hervorhob. In Sant´Anselmo begrüßte uns der Rektor P. Dr. Bernhard Eckerstorfer OSB und führte uns durch die Räumlichkeiten des Päpstlichen Athenaeums Sant´Anselmo. Wir erhielten durch ihn einen Einblick in die Studiengänge Hochschule sowie das gemeinschaftliche Leben der Hausgemeinschaft und der Studierenden. P. Dr. Stefan Geiger OSB berichtete uns von liturgiewissenschaftlichen Schwerpunkten im Studienprogramm am “Pontificio Istituto Liturgico“ und begleitete uns zur benediktinischen Vesper, mit welcher der ereignisreiche Tag endete.

Der Mittwoch begann mit einer Eucharistiefeier am Petrusgrab mit Mons. André Ciszewski, die von Prof. Bieringer mit Studierenden der Exkursionsgruppe vorbereitet worden war. Die morgendliche Stunde und der für die Öffentlichkeit an diesem Tag geschlossene Petersdom ermöglichten es im Anschluss kurz, die Basilika St. Peter in ihrer ganzen Größe und Gestaltung zu erkunden. Anschließend widmete sich der Vormittag den drei Gerichtshöfen der römischen Kurie. Zunächst ging es zur Apostolischen Poenitentiarie, in der Mons. Dr. Carlos Encina Commentz diesen „Gnadengerichtshof“ vorstellte, der allein im forum internum urteilt. Sein besonderes Interesse lag auf dem Arbeitsalltag sowie den zentralen Sachverhalten, in denen die Poenitentiarie zuständig ist wie Weihehindernisse Irregularitäten, den dem Ap. Stuhl reservierten Straftaten, welche mit der Exkommunikation sanktioniert werden und dem Ablasswesen. Diesem Termin schloss sich ein Gespräch im Gericht der Römischen Rota, dem höchsten Berufungsgericht der Kirche, an. In dem Gespräch mit Notar Dr. Konrad Maria Ackermann wurde der Bogen von den Fällen in der Praxis bis hin zum umfangreichen Examen für die Kirchenanwälte, dem Studio Rotale, gespannt. Mons. Robert Gołębiowski schilderte den Arbeitsalltag als Richter, der sich hauptsächlich mit dem kirchlichen Eherecht und Ehenichtigkeitsverfahren befasst. Vor der Mittagspause erhielten wir, nach einer Begrüßung durch den Sekretär, Mons. Andrea Ripa, von P. Prof. Dr. Nikolaus Schöch OFM Einblicke in den Obersten Gerichtshof der Apostolischen Signatur. Die Apostolische Signatur ist das höchste Gericht der katholischen Kirche und führt zum einen die Aufsicht über das kirchliche Gerichtswesen weltweit. In ihrer gerichtlichen Tätigkeit ist die Apostolische Signatur zum anderen einerseits Kassationsgericht, als welches sie Entscheidungen der Rota Romana aufheben kann. Andererseits ist sie das höchste Verwaltungsgericht der Kirche, das durch hierarchischen Rekurs angegangen werden kann. Neben Statistiken und Beispielen zu den Fällen an der Apostolischen Signatur widmete sich P. Prof. Schöch OFM in der Fragerunde all diesen Tätigkeitsbereichen.

Den Abschluss des Tages bildete am Nachmittag ein Termin im Dikasterium für die Gesetzestexte. Durch Mons. P. Prof. Dr. Markus Graulich SDB wurde uns die Arbeit des Dikasteriums nähergebracht. In diesem aufschlussreichen Gespräch wurden sowohl die Herausforderungen in der Arbeit des Dikasteriums bei der Erstellung neuer Gesetzestexte durch andere Dikasterien und die Teilkirchen behandelt als auch aktuelle Themen für die Gesetzgebung, wie beispielsweise ein eigenes kodikarisches Familienrecht. 

Der Donnerstag begann mit einem Termin im Dikasterium für den Gottesdienst und die Sa­kramentenordnung, in dem Mons. Dr. Michael Kahle die verschiedenen Aspekte seiner Arbeit darstellte. Es wurde deutlich, mit wie vielen unterschiedlichen Fragestellungen sich das Dikasterium in Bezug auf Sakramente, Stundenliturgie und Sakramentalien konfrontiert sieht und wie wichtig die Zusammenarbeit des Dikasteriums mit den Bischofskonferenzen in Fragen der Übersetzung liturgischer Bücher sowie der regionalen Anpassung liturgischer Riten ist, welche auch die sprachlichen und kulturellen Unterschiede vor Ort einzubeziehen haben. Im Dikasterium für den Klerus wurden wir von Mons. Dr. Josef Gehr empfangen, der uns nicht nur das Dikasterium vorstellte, sondern auch einen Überblick in seinen Arbeitsalltag gewährte. Im Anschluss daran erstreckten sich der gemeinsame Austausch auf alle Arbeitsbereiche des Dikasteriums von der Klerikerausbildung über die Dispensgewährung aufgrund unumkehrbarer Lebensumstände der betreffenden Kleriker bis hin zur Frage der Zuordnung und möglichen Inkardination von Klerikern in neuen geistlichen Gemeinschaften.

Nachmittags besichtigten wir Santa Maria Maggiore, die älteste Marienkirche Roms. Dort begrüßte uns der Leiter des Museums Santa Maria Maggiore, Dr. Andreas Raub, und führte uns als eine der ersten Gruppen zur historische Glocken “La Sperduta“ aus dem 13. Jahrhundert, welche seit diesem Tag nach ca. 250 Jahren wieder nach Santa Maria Maggiore zurückgekehrt war. Im Anschluss bestiegen wir die Loggia, auf der uns Dr. Raub anhand des Mosaiks über der Eingangspforte die Gründungslegende der Kirche vom Schneefall im Sommer näher brachte. In der Führung durch den Innenraum von Santa Maria Maggiore erläuterte er uns kunsthistorisch die Architektur der Kirche sowie die Verschmelzung der verschiedenen Stile. Ein Highlight stellte ein Blick auf die Salus Populi Romani dar. Abends nahmen wir an einer Messe in Santa Maria dell´Anima, der Kirche der deutschsprachigen Gemeinde Roms, teil. Nach einem gemeinsamen Abendessen klang der vorletzte Exkursionstag in geselliger Runde aus.

Am Abreisetag besuchten wir das Dikasterium zur Förderung der Einheit der Christen, in welchem uns P. Dr. Augustinus Sander OSB, der innerhalb des Dikasteriums für den Dialog mit der lutherischen kirchlichen Gemeinschaft zuständig ist, begrüßte und näheres über das Dikasterium und seine Aufgabenfelder berichtete. Wir erhielten nicht nur Kenntnisse von der Bandbreite der Gesprächspartner und der Methodik im Dialog mit den Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften des Ostens und des Westens, sondern konnten auch über spezifische Beispiele anhand der Gespräche und Dialogprozesse mit den apostolischen Kirchen Einblicke in die konkrete Arbeit sowie die Herausforderungen im gemeinsamen theologischen Dialog erhalten. Der letzte Besuch des Tages führte in die Päpstliche Universität Gregoriana, in der uns P. Prof. Dr. Ulrich Rhode SJ, der Dekan der Kanonistischen Fakultät der Gregoriana, empfing. Er stellte uns die Universität, die Studierenden und die Studienmöglichkeiten sowie insbesondere die Kirchenrechtliche Fakultät vor. Anschließend verweilten wir dort zur Abschlussrunde, bevor wir den Heimweg antraten.

 

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